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Drei Schulen unter einem Dach
Hier stimmt die Chemie – auch außerhalb der dafür vorgesehenen Klassenräume
Um 11.30 Uhr schallt eine Durchsage mitten ins Getümmel: „Die Polizei bittet darum, dass die vielen Autos der interessierten Besucher ihre Autos woanders parken.“ Spätestens dann wurde jedem klar, wie begehrt und gut besucht die Weingartenschule am Samstag, den 12. November, war. Die Eltern strömten zum Tag der offenen Tür, um sich zu informieren. Für alle Besucher steht jetzt die Entscheidung an, auf welche Schule sie ihr Kind nach der Grundschule schicken. Mit viel Liebe zum Detail und großem Engagement zeigte die Schulgemeinschaft den zahlreichen interessierten Schülerinnen und Schülern und deren Eltern, mit welch breit gefächertem Angebot die Schule aufwarten kann.
Die WGS ist eine kooperative Gesamtschule - neuerdings mit Ganztagsbetreuung - und hat mit Hauptschule, Realschule und Gymnasium für jedes Kind die geeignete Schulform. „Wir sind drei Schulen unter einem Dach“, führt die gut gelaunte Schulleiterin Elke Wetterau-Bein am Stand der Schulleitung aus. „Der Vorteil ist: Bei einem Zweigwechsel müssen die Schülerinnen und Schüler nicht die Schule verlassen.“
Das Konzept überzeugte viele Eltern, die auf der Suche nach neuen Einsichten durch die Klassenräume, Fachräume, Flure und die Aula flanierten. Darunter war auch Familie Göscu. Sie sei voller positiver Eindrücke, antwortet Mutter Handan auf Nachfrage. Ihre Tochter Jasmin geht hier in die 10. Realschulklasse, Sohn Xigit will auch dorthin. Was die Mutter befürwortet. „Die Schule ist sauber, Lehrer und Schüler sind freundlich und zugewandt“, fasst sie ihre Eindrücke zusammen. Ihr Sohn sei fasziniert von Physik, überhaupt die Experimente, das sei „einfach toll“.
Vielfaltig integriert
Smilla, Jule und Theresa aus der G9a sind die freundlichen Empfangsdamen an diesem Tag. Jeder Besucher bekommt ein kleines Tütchen Gummibärchen und das Tagesprogramm mit einem netten Lächeln in die Hand gedrückt. Im Forum der Schule fällt gleich das geschäftige Gewusel der vielen Menschen positiv auf. Links stehen die Schülervertreter der verschiedenen Schulzweige. Sie zeigen sich erst einmal begeistert von ihrer Vertrauenslehrerin Farahnaz Jamali. Sie helfen, vermitteln und haben den Draht zur Schulleitung, wenn es Probleme gibt. „Es gibt hier kein Mobbing“, weiß der stellvertretende Schulsprecher Hekmat zu berichten. „Wir helfen in den Pausen, rufen bei Konflikten die Aufsicht.“ Hermes, der Hauptschulsprecher, fühlt sich respektiert. „Wenn es was zu regeln gibt, bin ich da“, lautet sein Credo. Doch meist stimme der Zusammenhalt.
Das kann Realschulzweigleiter Dr. Christoph Richter nur bestätigen. „Die Schule ist vielfältig zusammengesetzt, aber fast alle sind gut integriert.“ Qualität und Anspruch kämen keinesfalls zu kurz. Dafür stehe zum Beispiel die Auszeichnung als MINT-freundliche Schule. Das sei ein Plus für naturwissenschaftlich orientierte Eltern und Schüler.
MINT mit Mädchen
Das zeigen auch die ständig stattfindenden Schulführungen. Hier werden die wichtigsten Räume der Schule präsentiert: wie Bio-, Chemie- und Physikräume. Dort wird gut und gerne experimentiert. Im Physik-Raum zaubert Referendar Florian Bonadt für die aufmerksame Zuschauerin Felicitas Held und deren Tochter Naemi ein Ei in eine Flasche. Unterdruck ist der Trick. Beide gucken gespannt zu. Die ältere Tochter Madita sei gerade im Spanisch-Schnupperkurs.
Überhaupt sieht man in den so genannten MINT-Fächern viele Mädchen, die sich für technische Dinge interessieren. „Selber machen, das ist das Zauberwort“, erläutert Physiklehrer Marco Silvestri. Gerade in Physik habe sich viel verändert. Silvestri ist Wettbewerbsleiter des Regionalgebiets Hessen West bei Jugend forscht. Heutzutage würden die Kinder vorurteilsfrei und neutral an die MINT-Fächer herangeführt. Das sei gut, denn so verlören auch Mädchen ihre Scheu und würden dahingehend gefördert.
Ein zukunftweisendes Programm
Fingerfertigkeit und Kreativität bekamen auch reichlich Raum. Da wurden Weihnachtssterne gebastelt, Weihnachtskarten gemalt und Plätzchen in der Schulküche gebacken. In der Aula konnte man Musikeinlagen der Schulband und das Schwarze Theater, in der Sporthalle die Gelenkigkeit der Teakwondo-AG bestaunen. Die „Digitalen Helden“ erklärten den sicheren Umgang mit Social Media und den digitalen Umgang mit Schul-iPads. Darunter auffällig viele „Heldinnen“.
Schulleiterin Elke Wetterau-Bein gefällt die Atmosphäre. „Die Stimmung ist so gut, ich bin richtig gerührt“, gibt sie unumwunden zu. Es sei schön, so viele Menschen zu sehen, die die vielfältigen Angebote der Schule anerkennen würden. Das Geheimnis des Erfolgs? „Der hier gelebte Teamgedanke“, sagt sie.
Im Latein-Raum sind ganze römische Welten aus Playmobilfiguren aufgebaut. „Das ist Latein heutzutage“, lobt Christin Racky, die Mutter von Lasse, der seinen Spaß mit Latein hat. Sei man früher doch eher zum Pauken gezwungen worden, so würde in Latein heute auch die römische Geschichts- und Gedankenwelt vermittelt.
Viel positive Veränderung
Im gut besuchten Biologie-Raum trifft sich Familie Contzen-Scherer aus Hofheim. Die Kinder Marlene und Leonard gehen vielleicht bald auf die Weingartenschule. Ihnen haben die Mitmachangebote gut gefallen. „Die Experimente sind spitze“, fasst Leonard seine Eindrücke zusammen. Das Besondere ist, dass Vater Henning selbst einmal auf die Weingartenschule gegangen ist. Er zeigt sich angenehm überrascht von den Veränderungen: „Hier hat sich in den letzten Jahren sehr viel getan“, lautet sein Resümee.
Aufsicht führen im Biologie-Raum Lehrerin Aylin Akyüz mit Referendarin Betül Kilavuz. Die vielen interessierten Kinder, die sich mit den ausgestellten Exponaten – darunter verschiedene anatomische Modelle - beschäftigen, seien eine „wahre Freude“. Oben im Flur sitzt die Weingärtchen AG. Sie sammeln Spenden. Maja aus der G6a erklärt: „Wir brauchen das Geld für Blumensamen und neue Pflanzen.“
Nebenan wird mit Lego-Mind-Storms experimentiert. Die Kinder haben in einer AG richtige Roboter programmiert. Konstanze Pfaff aus Lorsbach ist mit ihrer Tochter Finja da. Die multiple Ausrichtung der WGS komme ihr sehr entgegen. Ihre Tochter auf diese Schule zu schicken, sei auch eine rationale Entscheidung: Da könne sich ihre Tochter je nach Leistungsstand zwischen den Schulzweigen orientieren. Gymnasialzweigleiterin Nicola van de Loo betont: „Bei uns werden Schülerinnen und Schüler ach Klasse 10 nachhaltig auf Berufswege und die höheren Klassen an den weiterführenden Schulen vorbereitet.“ Wie gut das funktioniert, zeigen jedes Jahr etwa 160 Absolventen aus den Abschlussklassen. An der WGS stimmt anscheinend die Chemie auch außerhalb der dafür vorgesehenen Räume. Alexander van de Loo