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DAS passiert in Kriftel

Ehepaar Krementz feiert Goldene

Wilfried und Waltraud Krementz feierten Goldene Hochzeit

Anschaulich erzählen kann er wirklich gut. Kein Wunder, kann er ja mit seinen mittlerweile 78 Jahren aus einem reichhaltigen Erlebnisfundus schöpfen: Der Jubilar Wilfried Krementz, Kriftels angesehener Gemeindearchivar, sitzt an seinem besonderen Ehrentag in seinem gemütlich, akkurat eingerichteten Wohnzimmer und köpft erst einmal eine Sektflasche. Dann stößt er mit seiner Frau Waltraud und Bürgermeister Christian Seitz auf 50 Jahre Ehe an. Goldene Hochzeit, das ist schon was.

Amors Pfeil

Der gelernte Bankkaufmann schmunzelt, wenn er daran denkt, wie sich seine Frau und er 1966 kennengelernt haben. Da musste Amors Pfeil schon ein wenig nachgeholfen werden, um zu treffen. Denn eigentlich wollte er damals gar nicht zu der Tanzveranstaltung in der Hofheimer Turnhalle. „Hofheim“, erinnert er sich, „und dann auch noch in die Turnhalle? Ohne mich“, war sein erste Reaktion. Aber sein Nachbar, der sich dort unbedingt amüsieren wollte, habe – als Amors Helfer sozusagen – nicht losgelassen. Also kam er halt mit und die beiden Burschen liefen in den Nachbarort. „Autos waren damals eben sehr selten“, resümiert der Jubilar.

Da hatte es seine spätere Frau, damals süße 17 Jahre alt, schon besser. Sie fuhr immerhin auf dem Moped ihres Bruders nach Hofheim. Im Tanzsaal angekommen, flogen die Blicke hin und her – und trafen sich in einem magischen Moment. Flugs wurde Waltraud von dem damals 22jährigen Wilfried zum Tanzen aufgefordert. „Beim ersten Tanz hat es gefunkt“, erinnert sich seine Gattin. Also nix wie weiter tanzen, ins Glück hinein. Pustekuchen. Der zweite Tanz fiel aus, die hübsche 17jährige, die Wilfried den Kopf verdreht hatte, musste früh nach Hause. Elternbedingung. Weg war sie.

Detektivarbeit

Die Stichworte Bremthal und Anwaltskanzlei blieben in Wilfrieds Kopf hängen. So viel hatte Waltraud bei dem einen Tanz verraten. Mehr Hinweise gab es nicht. Sie so zu finden, glich einer Schnitzeljagd. Doch schon damals kamen dem jungen Wilfried die Eigenschaften eines Forschers zugute. Mit Hartnäckigkeit und der Fähigkeit, sich in unbekanntes Terrain hinein zu wühlen, würde er sich später als gefragter Ahnenforscher und Hobbyhistoriker bewähren. 1966 trieben ihn aber seine Gefühle an. Mit Hilfe seines Vaters und diverser Arbeitskollegen fand er die Kanzlei in Höchst heraus. Dort arbeitete eine Waltraud Fischer. Dank eines für beide erfreulichen Telefonats saßen die beiden Turteltauben schon bald in einem Hofheimer Café. Sie hatten sich nun und behielten sich.

So nahm die Geschichte ihren Lauf, wie beide 55 Jahre später einander zulächelnd bestätigen. Am 29. Oktober 1971 sagten sie auf dem Standesamt in Kriftel auch offiziell Ja zueinander. Einen Tag später wurden sie in Bremthal kirchlich getraut. Danach ging es nach Tunesien auf Hochzeitsreise.

Die große Leidenschaft

Das Krifteler Ehepaar versteht sich gut, ist immer noch einander zugewandt. Haben sie Tipps für eine gute Ehe? „Sich nicht zu oft sehen“, heißt es spontan von der Dame des Hauses. Eher scherzhaft gemeint? Na ja, ein bisschen Wahrheit stecke da schon drin, nickt der Jubilar. Und fügt ein entschiedenes „Miteinander gerne vereisen!“ hinterher. Wichtig sei aber auch, das Hobby des anderen zu teilen. Sie habe ihrem Mann beim Archivieren oft geholfen, betont Waltraud Krementz. Alte Kirchenbucheintragungen zum Beispiel in den Computer übertragen.

Reisen ist – neben der historischen Forschung – die große Leidenschaft von Wilfried Krementz. Da kann er ausholen, Anekdoten und Histörchen bieten ohne Ende. Alle Kontinente haben er und seine Frau in all den Jahren bereist. Nur Asien fehle. Wenn er sich erinnert, gerät er ins Schwärmen: Armenien habe ihm ganz besonders gut gefallen, eine „tolle Landschaft, mit alten Klöstern und christlichen Stätten“. Auch eine Rundreise durch Syrien hätten sie vor Jahrzehnten unternommen, damals habe er ein fortschrittliches Land gesehen „ohne Eselskarren, sondern mit Traktoren“. Es helfe eben, die Welt mit eigenen Augen zu entdecken. Das Fernweh hat ihn schon früh gepackt. Seine erste Reise ging mit dem Fahrrad durch die Benelux–Länder. Dann folgten viele Länder in Europa. Mit den Kindern, der heute 46jährigen Tochter Silke und dem 47jährigen Sohn Mathias, seien sie damals natürlich auf Bauerhöfe gefahren, stellt die die Frau des Jubilars lächelnd klar. Und weil in Coronazeiten das Reisen eingeschränkt sei, brächten die fünf Enkel Leben in die Bude.

In Lohn und Brot

Bei aller Reiseliebe musste aber auch an eine solide Ausbildung gedacht werden. Das hieß damals noch Banklehre, dann kam die Bankakademie. Bei der Bundeswehr hat er, „mit Note 1 gemustert“, auch gedient. Als Mitglied der Truppe „Schwerinstandsetzung“ habe er damals unter anderem den Panzer Leopard 1 repariert. Danach ging es zur damaligen Bank für Gemeinwirtschaft in Frankfurt. „Ich habe sie bald schon Bank für gemeine Wirtschaft“ genannt, gibt der Jubilar augenzwinkernd zu. Um gleich danach nachzuschieben, dass ihm nach sieben Jahren BfG eines klar geworden sei: „Ich wollte nie was mit Politik machen.“ Danach blieb er bis zu seiner Pensionierung bei der Helaba. Ein skandalerprobtes Unternehmen, dessen fragwürdige Beteiligungsgeschäfte in Immobilien in den 70er Jahren den damaligen Hessischen Ministerpräsidenten Albert Oswald stürzten. 

Seinen Ausgleich fand er neben den Reisen in seiner Passion für Historisches. Auch da half der Zufall: Der damalige Krifteler Bürgermeister Hans-Werner Börs hatte den ausgebildeten Banker vor rund 29 Jahren eines Abends im Rathaus gebeten, sich für die Historie Kriftels zu engagieren. Er bot ihm an, die Leitung des Museums ehrenamtlich zu übernehmen. Krementz schien Börs dafür zu Recht prädestiniert, hatte er sich doch bereits bei der Beantwortung zahlreicher Ahnennachfragen in der Gemeinde hervorgetan.

Kriftel als Heimat

Ahnenforschung war es, die den gebürtigen Krifteler schon früh antrieb, sich noch intensiver Geschichtlichem zuzuwenden. Er forschte in den alten Krifteler Kirchenbüchern und lernte auch die lateinische Sprache („Kirchenlatein wiederholt sich immer wieder“) zu erfassen. Der katholischen Pfarrer Rasbach förderte ihn beizeiten. Dessen früher Hinweis, dass zu der ehemaligen Katholische Pfarrkirche St. Vitus zu wenig Schriftliches an Geschichte vorlag, ließ Krementz nicht los. Er verfasste eine etwa 100 Seiten starke Dokumentation, die in der Gemeinde und über sie hinaus starkes Echo hervorrief.

Der Historische Verein Rhein-Main-Taunus schätzt ihn seit Jahrzehnten als aktives Mitglied. Im Jahrbuch des MTK ist er schon lange mit fundierten Fachbeiträgen präsent und im Heimatmuseum Kriftel als fachkundiger Leiter nicht mehr wegzudenken. Alles bodenständig geerdet, scheint es. Hat er einen Traum? „Eine Kaffeefarm auf Costa Rica. Das wär‘ doch was“, sagt er lachend.

Ob das wohl noch was werde? Aber das Reisen, das bleibe, versichert der mit Mutterwitz gut gesegnete Jubilar. Welchen Erdteil er denn als nächstes in Angriff nehme? „Einmal Bremthal und zurück“, dann sehe man weiter. 

Alexander van de Loo