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Mit dem Rollator in den Bus
Hilfreiches Rollatortraining im Freizeitpark
Wer genauer hinguckt, sieht sie überall. An jeder Straßenecke, auf dem Bürgersteig, im Park, in der Fußgängerzone oder im Supermarkt: Nur am Busbahnhof und an den Bushaltestellen rollen sie eher selten vor: Rollatoren, mit ihren dazugehörigen Menschen. Das hat einen Grund: Rollatoren werden zwar immer leichter, bleiben aber sperrig und sind für viele, die darauf angewiesen sind, nicht leicht beherrschbar. Besonders, wenn sie in einen Bus einsteigen wollen. Mit engen Türen, voller Menschen und der Unsicherheit im Genick, seinen „Helfer mit Rollen“ da hinein zu bekommen.
Ängste nehmen
Dies zu ändern und die Sicherheit im Umgang mit dem Rollator zu erhöhen, ist das erklärte Ziel von Mobilitätsberaterin und Trainingsleiterin Jutta Dobener vom MTV. Seniorenberaterin Gabriele Kortenbusch hat das Training für das Krifteler Familienzentrum organiosiert - in Zusammenarbeit mit der MTV Main-Taunus-Verkehrsgesellschaft mbH und dem Verkehrsunternehmen DB Regio Bus Mitte GmbH.
Beide stehen am Samstag, den 30. Oktober, zunächst auf dem Krifteler Festplatz im Freizeitpark vor einem dort geparkten Linienbus und blicken in erwartungsfrohe und teilweise skeptische Gesichter der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Ein gutes Dutzend ist an diesem nasskalten Vormittag gekommen. Zunächst wird in aller Ruhe mehrmals das Ein- und Aussteigen in den Bus geübt. Die Regel lautet: „Vorwärts einsteigen und rückwärts wieder aussteigen!“ Das sei sehr wichtig, so Dobener: „Wer vorwärts aussteigt, kann vorneüberkippen und den Halt verlieren.“ Ein erstes Aha-Erlebnis für die Gruppe.
Nicht auf den Rollator setzen
Insgesamt waren zwei Gruppen zustande gekommen, jede kann am Samstag etwa eine Stunde üben. Im Anschluss wird die Bushaltestelle an der Konrad-Adenauer-Schule angefahren. Auf dem Weg dorthin wird das empfohlene Verhalten beim Anfahren und Anhalten des Busses - „festhalten und keinesfalls auf den Rollator setzen“ - als auch das Ein- und Aussteigen an einer Bushaltestelle mit erhöhter Bordsteinkante trainiert. Das klappt schon gut, gibt den Teilnehmern Zuversicht und Selbstvertrauen.
Immer noch lassen sich manche Busse nicht absenken, deshalb kann es für ihre Nutzer lebenswichtig sein zu wissen, wie sie den Rollator zum Einsteigen richtig kippen und mit der Bremse stabilisieren. „Ein weiteres Problem stellt der Boden im Bus dar. Damit die Rollatoren nicht bei Kurven oder Bremsen wegrutschen, müssen sie gesichert werden“, so Trainerin Dobener. Auch Yvonne Koalick, die den schweren Linienbus umsichtig steuert, weiß aus Erfahrung, dass viele Rollator-Benutzer sich nicht trauen, um Hilfe zu bitten. „Einfach dem Busfahrer signalisieren, dass man Hilfe oder länger beim Aussteigen braucht, dann weiß man das und verhält sich entsprechend“, lautet ihr Ratschlag. Häufig gibt es in Bussen auch Druckknöpfe mit einem Rollstuhlsymbol. „Einfach drücken, dann weiß der Fahrer, dass er länger halten soll“, macht sie Mut.
Übung macht den Meister
„Bis ins hohe Alter mobil zu sein, ist für Senioren heutzutage sehr wichtig. Immer mehr ältere Menschen sind mit einem Rollator unterwegs“, berichtet Gabriele Kortenbusch. „Sicheres Rollator-Fahren muss geübt werden.“
Die ersten Rollatoren tauchten Anfang der 1990er Jahre im Straßenbild auf. Seitdem werden sie immer mehr und vor allem von Senioren genutzt. Gar keine Frage: Ein Rollator ist für viele Menschen wirklich eine wertvolle Hilfe in unterschiedlichsten Lebenslagen und macht es möglich, trotz körperlicher Einschränkungen mobil und unabhängig zu bleiben.
Wie das Fahrrad und das Auto setzt auch die optimale Nutzung und Beherrschung des Rollators eine gründliche, alltagstaugliche Einführung und ein gewissenhaftes Training voraus, um mit maximaler Sicherheit und geringem Kraftaufwand künftige Wege auch im Straßenverkehr sicher zu bewältigen.
Sicher und unternehmungslustig
Die richtige Einstellung zur Mobilität haben nach dem erfolgreich absolvierten Rollator-Training zwei Kriftlerinnen mit auf den Weg bekommen. Zusammen153 Jahre alt, rollen sie fröhlich lachend mit ihren Hilfsgefährten den Parkweg entlang. Schön gemächlich, die Hände an den Bremsen. Wie es sich gehört. Beide zeigen sich begeistert von dem eben absolvierten Training. „Es war sehr hilfreich, das richtige Einsteigen und Aussteigen zu üben“, fasst Gisela Strabel ihre noch frischen Erlebnisse zusammen. Ihre Begleiterin ergänzt unternehmungslustig: „Ich kauf mir jetzt eine Jahreskarte für den MTV, warum soll ich das nicht nutzen, solange der Kopf noch klar ist.“ Eine 82jährige Dame aus Hofheim äußert sich „richtig froh und dankbar“ darüber, dass man sich ihrer Belange und Schwierigkeiten angenommen habe. Auch Sie überlegt, eine Jahreskarte zu kaufen und mehr zu unternehmen.
Pasquale Fiore, stellvertretender Leiter des Fachbereichs Jugend, Soziales, Kultur im Krifteler Rathaus bringt es mit einem Lächeln auf den Punkt: „Zurück von der Busfahrt mit Rollator hatten die Menschen so ein Funkeln in den Augen, waren wieder unternehmungslustig und glücklich, mobil zu sein.“ Alexander van de Loo