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DAS passiert in Kriftel

Wie schützt sich Kriftel vor Hochwasser?

Grundstückseigentümer/innen müssen auch selbst Maßnahmen ergreifen

Bürgermeister Christian Seitz und der Erste Beigeordnete Franz Jirasek informierten jetzt in der aktuellen Sitzungsrunde über den Sachstand beim vorbeugenden Hochwasserschutz und Maßnahmen bei Starkregenereignissen. Durch die Hochwasserkatastrophe im Ahrtal seien diese Themen erneut in den Fokus der öffentlichen Diskussion gerückt. „Aber auch im Main-Taunus-Kreis und in Kriftel ist es in den letzten Jahren immer wieder zu starken Schäden durch extreme Wetterereignisse gekommen. Auch vor etwa 20 Jahren durch das Elbhochwasser 2002 und das Schwarzbachhochwasser 2003 war dieses Thema akut, so dass die Städte und Gemeinden im Verbandsgebiet des Abwasserverbandes Main-Taunus sich intensiv mit der Thematik des vorbeugenden Hochwasserschutzes beschäftigt haben“, heißt es im Bericht des Gemeindevorstandes. In der Erkenntnis darüber, dass ein wirksamer vorbeugender Hochwasserschutz nur gemeinsam mit den Städten und Gemeinden erreicht werden könne, sei der vorbeugende Hochwasserschutz zur Verbandsaufgabe des Abwasserverbandes Main-Taunus erklärt worden.

„Neben dem klassischen Hochwasser sind Schäden hauptsächlich auf oftmals sehr lokale Starkregenereignisse zurückzuführen, bei denen das geplante vorbeugende Hochwasserschutzkonzept nahezu wirkungslos ist“, stellt der Gemeindevorstand fest. Auch die Gemeinde Kriftel habe in den letzten Jahren durch umfangreiche Maßnahmen versucht, das Schadenspotential zu verringern. „Gerade bei Starkregenereignissen ist es aber unmöglich, einen umfassenden Schutz für die Bürgerinnen und Bürger zu erreichen. Daher muss jede Grundstückseigentümerin/jeder Grundstückseigentümer selbst Maßnahmen ergreifen, um ihr/sein Eigentum zu schützen“, so das Fazit.

Gefahrenkarten berücksichtigen Gartenmauern und Einfahrten

Der Main-Taunus-Kreis werde Fließpfadkarten für die Städte und Gemeinden des Kreises in Auftrag geben. Diese zeigen (in einer Auflösung von 1 Quadratmeter) eine erste Übersicht der potentiellen Fließpfade, die das Regenwasser bei einem Starkregenereignis nehmen würde. Abgestimmt werden soll in der Sitzung der Gemeindevertretung, ob darüber hinaus Starkregen-Gefahrenkarten für Kriftel erstellt werden sollen. „Diese Karten werden durch Ingenieurbüros auf der Basis von detaillierten hydraulischen Simulationen erstellt. Sie stellen zusätzlich zu den Fließwegen auch Senken dar, in denen sich Wasser sammeln kann und die Wassertiefe, die bei einem angenommenen Starkregenereignis entstehen kann. Selbst kleinere Hindernisse wie Bordsteinkanten, Gartenmauern oder Einfahrten werden berücksichtigt“, heißt es im Bericht. Die Erarbeitung solcher Konzepte wird vom Land Hessen gefördert. Auch hier wollen die Städte und Gemeinden des Main-Taunus-Kreises zusammenarbeiten und nach Möglichkeit die Ingenieurleistungen gemeinsam ausschreiben.

Für verschiedene Hochwasserereignisse gibt es unterschiedliche Linien, die festgelegt werden. Der sogenannten HQ-100-Linie wird ein Ereignis zugrunde gelegt, mit dem statistisch gesehen einmal in 100 Jahren zu rechnen ist. Durch die Ausweisung von Überschwemmungsgebieten sollen bauliche Entwicklungen aus den Überschwemmungsgebieten herausgehalten werden. Bei Bauvorhaben sind Schutzmaßnahmen aufzuzeigen, die das Eindringen von Wasser in das Gebäude verhindern und somit die Schäden durch Hochwasser im Gebäude minimieren sollen.

Abwasserverband hat Hochwasserschutzkonzepte erstellt

Der Abwasserverband Main-Taunus hat in den Jahren 2005 bis 2007 umfassende Hochwasserschutzkonzepte für die drei Gewässereinzugsgebiete des Schwarzbaches, Liederbaches und Sulzbaches gegen ein 100-jährliches Hochwasserereignis (HQ100) erstellen lassen. „In den Hochwasserschutzkonzepten wurden verschiedene zentrale und dezentrale (lokale) Maßnahmen an den Gewässern für die einzelnen Mitgliedskommunen vorgeschlagen, die sowohl dem natürlichen Wasserrückhalt als auch dem technischen Hochwasserschutz dienen“, informiert der Gemeindevorstand in seiner Vorlage. Der Abwasserverband Main-Taunus sei dabei im Wesentlichen für den Bau, den Betrieb und die Unterhaltung der großen zentralen Hochwasserschutzmaßnahmen, wie Hochwasserrückhaltebecken oder –polder, zuständig. Lokale Hochwasserschutzmaßnahmen, wie Hochwasserschutzmauern, kleine Deiche oder Durchlassaufweitungen verbleiben in der Zuständigkeit der jeweiligen Kommune beziehungsweise Dritter.

Im Zuge der weitergehenden Untersuchungen und Planungen des Abwasserverbandes Main-Taunus habe sich leider herausgestellt, dass gerade die großen zentralen Maßnahmen wie Hochwasserrückhaltebecken (HRB) vor allem aus wirtschaftlichen und naturschutzrechtlichen Gründen entweder überhaupt nicht oder nur sehr schwer umsetzbar sind. Die Kosten/Nutzenbetrachtung kam zu einem negativen Ergebnis, so dass auch die Landesförderung nicht in Anspruch genommen werden konnte.

Der Vorstand des Abwasserverbandes Main-Taunus hat sich daher damit befasst, wie es grundsätzlich mit dem Thema Hochwasserschutz im Zuständigkeitsbereich des Abwasserverbandes Main-Taunus weitergehen soll. Das Ziel sei, Maßnahmen zu ergreifen, die dazu führen können, Schäden bei besonderen Regenereignissen und Hochwasser zu vermeiden beziehungsweise zu minimieren. Ein Ingenieurbüro wurde mit einer Studie beauftragt. Die bisher geplanten (zentralen) Maßnahmen sollen vor allem hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit nochmals genauer untersucht werden. Gegebenenfalls ergeben sich aber auch neue realisierbare (zentrale) Maßnahmen. Die Ergebnisse sollen Anfang 2022 vorliegen.

Unabhängig von den Hochwasserschutzkonzepten haben der Abwasserverband und die Städte und Gemeinden über die Jahre hinweg viele kleine Maßnahmen an den Bachläufen umgesetzt (Renaturierungen, Abbau von Wehren), die auch dazu führen, dass sich die Fließgeschwindigkeit der Bachläufe verringert und natürliche Retentionsflächen besser genutzt werden. „Diese Maßnahmen werden auch in Zukunft fortgeführt. Unter anderem auch durch diese Maßnahmen ist es im Bereich des Schwarzbaches in den vergangenen Jahren zu keinem echten Hochwasser mehr gekommen“, so der Gemeindevorstand.

Gemeinde Kriftel hat zahlreiche Maßnahmen ergriffen

Die Gemeinde Kriftel habe bereits zahlreiche Hochwasserschutzmaßnahmen ergriffen, wie in der Vorlage dargestellt wird. Unter anderem wurde der zweite Bauabschnitt des Entlastungssammlers Mönchhof im September 2018 fertiggestellt. Damit wurde das letzte Teilstück eines Entwässerungskonzeptes zur Entlastung des gemeindlichen Kanalnetzes realisiert. Das Gebiet nördlich der Leicherstraße, der nordöstliche Teil des Baugebietes Engler und das künftige Entwicklungsgebiet nördlich des Friedhofs entwässern seitdem über den neuen Sammler. Durch den Kanal in der Leicherstraße wird das Mischwasser unter der Bahnlinie hindurch und dann parallel zu den Gleisen über den Holzweg und die Straße Am Kirschgarten zum RÜ IV geleitet. Das Bauwerk entlastet bei starkem Regen in den Regenwasserkanal in der Rotdornstraße. Von dort erfolgt die Weiterleitung über den Kanal in der Gutenbergstraße zum Schwarzbach. Im Entwurf des Haushaltsplans 2022 wurden 30.000 Euro für die hydraulische Überrechnung des Kanalnetzes eingeplant. Dadurch sollen abflusstechnische Schwachstellen im Kanalnetz aufgezeigt werden.

Bei Starkregenereignissen ist der Sammler des Abwasserverbandes Main-Taunus im Bereich Kapellenstraße, Haingärtenweg und Am Mühlbach überlastet. Der Kanal ist dann überstaut. Das bedeutet, fäkalienhaltiges Abwasser tritt aus den Regeneinläufen und Deckeln aus und überflutet Straßen und Grundstücke. Zuletzt kam es am 12. Juli 2019 zu schadenbringenden Überflutungen, die durch Überstau und oberflächig abfließendes Regenwasser verursacht wurden. Im Rahmen einer Konzeptstudie, die vom Abwasserverband Main-Taunus in Auftrag gegeben wurde, sollen mögliche Maßnahmen zur Vermeidung von Überflutungen aufgezeigt werden. Neben größeren Maßnahmen am Verbandssammler könnten auch kurzfristig kleine Umbaumaßnahmen einen Beitrag leisten.

Durch die im Frühjahr 2021 vorgenommene Umbindung der Sinkkastenleitung in der Kapellenstraße wird vermieden, dass Abwasser aus dem Verbandskanal austritt und die Parkstraße überschwemmt. Im Haingärtenweg wurden vier Sinkkästen entfernt, um das Regenwasser direkt in die Grünfläche entlang des Schwarzbachs zu leiten. Dazu wurden alle fünf Meter die der Wasserführung dienenden Tiefbordsteine abgesenkt.

 „Ziel aller Maßnahmen ist es, zum einen die Bürgerinnen und Bürger über die möglichen Gefährdungen aufzuklären und auch im Gemeindegebiet entsprechende Gebiete zu definieren. Darüber hinaus sollen die Maßnahmen, die ergriffen werden können, dazu führen, das Schadenspotential zu verringern. Dabei ist es aber auch klar, dass es einen 100-prozentigen Schutz nicht geben kann“, betonte Franz Jirasek in den Ausschüssen. „Neben den Maßnahmen, die die Kommunen ergreifen können, bleibt immer auch die Verpflichtung der Bürgerinnen und Bürger zum Schutz ihres Eigentums. Dazu zählen bauliche Maßnahmen, aber auch entsprechende Elementarschadenversicherungen für die eigene Immobilie.“

Weitere Infos unter www.hochwasser-hessen.de, www.hlnug.de, www.bbk.bund.de, www.hochwasserzentralen.info/meinepegel/. Geeignet sind die Apps „NINA“ oder „KATWARN“ (siehe App-Stores).