- Rathaus & Politik
- Leben & Umwelt
- Kultur & Freizeit
- Wirtschaft & Wohnen
Dietmar Vollmert feiert zwei Jubiläen
Dietmar Vollmert lebt seinen Traum – Talente fördern ist noch immer seine Leidenschaft
Der Leiter des Krifteler Musikforums, Dietmar Vollmert, feiert dieses Jahr gleich zwei Jubiläen. Das große liegt gerade hinter ihm, der 85ste Geburtstag am vergangenen Sonntag, ein „kleineres“, 30 Jahre Leitung des Musikforums, wird im Mai mit einem Konzert begangen.
„Wo man singt, da, lass dich ruhig nieder, böse Menschen haben keine Lieder“ - Dietmar Vollmert kennt das Sprichwort natürlich. Er winkt ab. Das gelte leider nicht mehr, seit viele Lieder ideologisch und manipulativ in der Nazizeit missbraucht wurden. Aber er weiß um die soziale Kraft des Singens. „Als ich Kind war, wurde in den Familien noch gemeinsam gesungen oder auf Instrumenten musiziert, was sich in Zeiten der Abwesenheit von TV und Internet quasi von selbst ergab“, erinnert er sich gerne. Er halte nach wie vor die musikalische Bildung unabdingbar für die Persönlichkeitsentwicklung von jungen Menschen und damit für einen konstruktiven Beitrag zur gesellschaftlichen Weiterentwicklung.
Wer in sein Gesangstudio eintritt und Vollmert als mittlerweile 85-jährigen Gesangslehrer erleben darf, wähnt sich in einer anderen Welt. Nicht nur, dass Dietmar Vollmert mit seiner nach wie vor klaren Stimme und seinem hellwachen Gestus präzise Anweisungen an seine Gesangsschülerinnen und Schüler gibt. Er kann sich auch empathisch in Ursprung, Vertonung und Emotionalität der Lieder einfühlen. „Ich spüre einfach, welcher Charakter in den Liedern angelegt ist“, sagt er. Heute wird Heinrich Heines Gedicht „Ich hab‘ im Traum geweinet“ geübt.
Das ist intensiv, sehr intensiv. Sein Schüler Matthias Pfützner, 60 Jahre alt, wird in seinen Übungen durch Pianissimo nach Fortissimo gejagt. Vollmert sitzt am Klavier und springt lautstark von Cis nach B. Heinrich Heines Klagelied wird so quasi aus „seiner Matratzengruft in Paris“ (Vollmert) herausgezogen. Der Gesangslehrer intoniert, fordert und feuert mit Verve an. Schüler Matthias ist begeistert: „Er leistet in der Intonation wertvolle Unterstützung!“
Vollmert weiß aus langjähriger Erfahrung, was eine Stimme wert ist, wie sie gesund zu halten ist, wie ein Sänger oder Sängerin sie am besten stützt: „Atmen, atmen, richtig atmen!“ Könne heutzutage kaum noch jemand, seufzt er. Man habe eine Verantwortung seiner Stimme gegenüber. „Wer sie nicht gesund hält, hat im Alter nicht mehr viel von ihr“, gibt er seinen Schülerinnen und Schülern mit auf den Weg.
Talente fördern
An diesem Tag ist noch ein junges Talent im Haus der Vereine in der Schulstraße an der Reihe: Miray Hank, Schülerin der R8b der Krifteler Weingartenschule. Eine bekannte TV-Musiksendung hat bereits Interesse an ihrer Performance gezeigt. Große Fortschritte habe Miray gemacht, ein echtes Talent, lobt der Gesangspädagoge. Er habe diesen „Rohdiamant geschliffen“. Er betont freudestrahlend: „Dafür brenne ich lichterloh, eine Stimme wie die von Miray zu unterstützen und ihr die Leitplanken zu geben, die sie braucht. Das treibt mich an.“ Und seine 14-jährige Schülerin ist ihm dankbar. „Durch seinen Unterricht kann ich meine Stimme besser kontrollieren“, hebt sie hervor.
Dietmar Vollmert ist in der glücklichen Lage, sich seine Schülerinnen und Schüler aussuchen zu können. Nur wer wirklich für die Musik, ja für den Gesang brenne, den nehme er noch an. Neugier sei für ihn die entscheidende Eigenschaft, die jemand mitbringen muss. Auch auf Unbekanntes. Klassisches Liedgut gehöre bei ihm zur Grundausbildung. „Ich kannte das gar nicht“, lacht die sympathische Schülerin. Aber es habe ihr geholfen.
Generell hält Vollmert Musik und Gesang für ein wichtiges Bindemittel für den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Gemeinsames Singen könne zusammenführen, „ja, Singen macht glücklich“, begeistert sich der Jubilar. Da würden Endorphine ausgeschüttet. Und nicht nur das: Musik und Gesang förderten bei Kindern und Jugendlichen die auditorische Aufmerksamkeit und Wahrnehmung, welche Voraussetzungen für das Verstehen von sprachlichen Inhalten sind. Hier gelte: Je früher, desto wirksamer.
Internationales Renommee
Sein persönliches Schlüsselerlebnis war die Begeisterung seines Vaters für klassische Musik. Mit 14 Jahren hatte er Mozarts Entführung aus dem Serail live im Opernhaus erlebt. Da war es um ihm geschehen. Er wollte dann als Sänger auf die Bühne, etwas, was ihm später während seiner hauptberuflichen Tätigkeit als Fluglotse nebenberuflich vergönnt war. „Das war mein Glück“, betont er. „Ich konnte bereits mit 55 in den Ruhestand gehen und mich ab 1994 völlig auf Konzerte und Lehrtätigkeit konzentrieren. Ich lebte meinen Traum“, erzählt er. Ein Traum mit vielen schönen Begegnungen wie mit seinem Idol, dem berühmten Bariton Dietrich Fischer-Dieskau.
So konnte er seinen Lieblingszyklus von Franz Schubert, die Winterreise, über 25-mal öffentlich vortragen. Darunter auch in Alabama und Tennessee, den Südstaaten in den USA. „Deutsche Klassik, Winterreise…Kurios! Die haben Schnee gar nicht gekannt“, erinnert er sich lächelnd. Im Zuge seiner Musik ist er weit herumgekommen. Nach Kriftel sei er immer gern zurückgekehrt: „Hier bin ich gut aufgehoben“, hebt er hervor. Was er an dieser Gemeinde schätze, sei das soziale Miteinander. „Man kennt sich und man schätzt sich“, bestätigt er. Hier kann man im kleinen Kreis vieles umsetzen. Auch das Ehrenamt werde in Ehren gehalten. Kriftel war auch sein musikalisches Schlüsselerlebnis: Im Josef-Wittwer-Haus fand 1971 sein erster Liederabend statt – und der Saal war brechend voll.
Kriftel: großer Name in der Welt der Musik
Die Resonanz in der Gemeinde auf seine Tätigkeit ist groß. Das Musikforum, Teil des Kulturforums Kriftel, steht seit 30 Jahren unter seiner ehrenamtlichen Leitung. Auch ein Jubiläum, das ihn mit Stolz erfüllt. Dietmar Vollmerts Ziel war von Beginn an ein qualitativ hochwertiges Programm. Auf die große Bandbreite der Konzerte legt er Wert.
Bürgermeister Christian Seitz ist denn anlässlich des Geburtstages auch voll des Lobes: „Du hast für das kulturelle Leben in Kriftel über Jahrzehnte viel geleistet und unserer kleinen Gemeinde in der Welt der Musik einen großen Namen gemacht. Vielen Dank dafür und auch für die freundschaftliche Zusammenarbeit.“ Mehrere Auszeichnungen hat Vollmert bereits erhalten, darunter vor fünf Jahren die Ehrenplakette der Gemeinde Kriftel. Auch Landrat Michael Cyriax hat seine ehrenamtliche Arbeit ausführlich gewürdigt, freut sich der Jubilar. „Das ist wertvoll für mich und hilft meiner musikalischen Mission weiter!“
Seinen 85. Geburtstag hat er im kleinen privaten Kreis genossen. In dem tiefen Bewusstsein und der großen Freude, dass Kriftel ein Ort ist, in dem man gerne singt und sich getrost niederlassen kann. Das „kleine Jubiläum“, die 30 Jahre Musikforum, wird Dietmar Vollmert im Rathaus Kriftel gebührend feiern. Aus diesem Anlass reist Norbert Henß, Pianist „der ersten Stunde“, aus Bayern an, um gemeinsam mit seiner Nachfolgerin Friederike Wiesner und Vollmerts Neffen Carsten das Konzert „Erlkönig – Balladen, Lieder, Klaviermusik“ am Sonntag, 12. Mai, ab 17 Uhr zu gestalten. Alexander van de Loo