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WGS: Azubimesse hilft beim Start
Zweite Azubimesse WGStart24: „Gebt eurem Leben Zukunft!“
Autor: Alexander van de Loo Es ist Dienstag, 28. Mai, 8 Uhr in der Früh. Ungefähr 200 Schüler und Schülerinnen sitzen in der Aula der Krifteler Weingartenschule (WGS). Ihr Antrieb ist die Aussicht auf einen Ausbildungsplatz bei einem attraktiven Unternehmen in der Umgebung. Die Initiative WGStart24 steht an, die zweite Ausbildungsmesse der WGS. 13 Unternehmen sind heute in der Schule vertreten, stellen sich vor und geben über die verschiedenen Berufsbilder und Ausbildungen Auskunft: Infraserv Wiesbaden, Süwag, Graphic Packaging Verpackung, Abwasserverband Main Taunus Wasser, Deutsche Bahn Logistik, Hessen Mobil, DM-Drogeriemarkt, SPIE Elektro, Commerzbank, Volunta Freiwilliges Soziales Jahr, Finanzamt Hofheim, Provadis und TÜFA-TEAM Kfz.
Hier und heute sollen sich Unternehmen und Jugendliche aus den Abschlussklassen kennenlernen. Es geht um die Berufswahl, um Orientierung. Initiiert hat diesen Tag Basel Mirza, Studienrat für Mathe und Powi an der WGS. „Als Berufsschullehrer konnte ich direkt miterleben, welche Anforderungen zu bewältigen sind, um eine erfolgreiche Ausbildung zu absolvieren“, führt der Pädagoge aus. Die Erfahrungen und Erkenntnisse der ersten Azubimesse WGStart23 im letzten Jahr habe er genutzt, um die diesjährige noch zielgerichteter zu konzipieren.
Azubis dringend gesucht
Die Ausbildungssituation sei unverändert ernst, so der Initiator. Angesicht eines Marktes, in dem fast jede zweite Lehrstelle unbesetzt bleibe, müssten sich die Unternehmen eher bei den jungen Leuten bewerben. Das habe es früher nicht gegeben, betont Dr. Christoph Richter, Schulleiter an der WGS. Es gäbe ein starkes Bedürfnis nach Orientierung bei den Jugendlichen. Man müsse vor allem durch anschauliche Beispiele in nachvollziehbaren Berufsbildern ihre Neugierde wecken.
Im Forum sitzt Louise, aus der G9a. Sie ist 15 Jahre alt und hat schon einige Unternehmen an diesem Vormittag kennengelernt. Sie fand den Einblick in so viele verschiedenen Firmen sehr aufschlussreich. Ihr Entschluss steht schon fest: Sie möchte zur Commerzbank als Bankkauffrau. „Ein duales Studium bringt mir einen guten Verdienst“, lautet ihre Einschätzung.
Jana Such, Klassenlehrerin der G9b, findet die Ausbildungsmesse sehr positiv für alle Beteiligten. „Da ergeben sich gewinnbringende Möglichkeiten zum Austausch zwischen Schülern und Unternehmen.“ Da könnten viele über den Tellerrand der Schule hinausblicken. Neu ist auch, dass heute auch die Gymnasiasten dabei sind. „Es muss doch nicht jeder studieren“, lautet die einhellige Meinung der anwesenden Ausbildungsleiter.
An diesem Tag soll Interesse an handfesten Berufen geweckt werden. Dazu braucht es Kontakte. Jeder Schüler und jede Schülerin hat eine Liste mit den Unternehmen bekommen. So wird der Besuch offiziell abgehakt. Das ist ebenfalls ein Novum. „Elf Betriebe sind Pflicht“, mahnt Studienrat Mirza. Aus den Häkchen sollen ja konkrete Angebote folgen. Zum Beispiel bei Provadis. Da kann man eine pharmakologische Ausbildung machen. Schülerin Isra aus der H9a hat dort schon ein Praktikum absolviert und war sehr angetan: „Da konnte ich meine eigene Handcreme mixen. Das hat mir gefallen.“ Ihre Augen leuchten. Etwas selbst machen und sehen, was man geleistet hat, sei wichtig für die Jugendlichen, konstatiert Joachim Meise von Tüfa-Team. Praktische Erfahrung und natürlich ein guter Verdienst seien wichtig.
Der ist mittlerweile eigentlich überall gegeben. Ob bei der Deutschen Bahn, dem offiziellen Ausbildungspartner der WGS, der Commerzbank oder bei Hessen Mobil, um nur einige zu nennen. Bei Letztgenannten haben sich wieder einmal eine große Gruppe Jungs versammelt. Die großen Fahrzeuge und die technischen Geräte von Hessen Mobil auf dem Schulhof üben eine hohe Anziehungskraft aus. Mädchen sind hier aber auch zu finden. Lea und Dajana aus der G9a trauen sich sogar mal in die Führerkabine eines 40-Tonners: „Warum auch nicht?“, lachen die beiden von oben. Dennoch: Öffentlicher Dienst und die damit verbundene Sicherheit sei angesichts der Wirtschaftslage angesagt, führt Ausbildungsleiter Frank Bader aus.
Technische Berufe gefragt
Bei Provadis, dem größten Ausbilder in Hessen, ist auch eine Menge los. 500 Azubis werden von diesem Unternehmen begleitet. „Wir übernehmen das Recruiting der Azubis in den Schulen und vermitteln sie“, erläutert Tobias Hahn, Ausbildungsleiter im Bereich Biologie. Was nicht nur ihm auffällt: Für technische Berufe wird es immer schwieriger, Azubis zu bekommen. Was boomt, sei die IT. Das können die Azubis und Ausbildungsleiter von Infraserv nur bestätigen. Die vier Stellen im IT-Bereich waren sofort weg! Leiter Mario Herberich hat da so seine Meinung: Wer ständig mit dem Kopf über sein Handy gebeugt unterwegs sei, denke schnell, er sei ein IT-ler. Doch diese Ausbildung verlange einiges an guten Noten in den Mint Fächern, warnt er die jungen Aspiranten. Auch er ärgere sich immer wieder über das Klischee, ein Hauptschulabschluss sei nichts wert. „Wir jedenfalls haben gute Erfahrungen mit Hauptschülern gemacht“, lautet sein Fazit.
Die Aussage kommt bei Direktor Dr. Richter gut an. Es sollen ja möglichst viele Jugendliche an die Ausbildung herangeführt werden. Aber er bleibt auch realistisch: „Wenn ich ein bis zwei Schüler pro Raum in die Ausbildung bekomme, wäre das ein Traum“, gibt er sich hoffnungsfroh.
Verhaltenskodex aufgestellt
Doch davor hat die Schule in diesem Jahr einige klare Richtlinien aufgestellt, wie man sich vorzustellen habe. In Hoody und kurzen Hosen, einfach mal so reinschlurfen, sei ein „No-Go“ werde auch geahndet. Einer der umgesetzt hat, was von ihm verlangt wird, ist Joel aus der R9a. Er hat extra ein Sakko und gute Hosen angezogen für den Tag. Viele Angebote hätten ihn interessiert. Passend angezogen wäre er zum Beispiel für die Arbeit im Finanzamt Hofheim. Hier werde in erster Linie der Ausbildungsberuf Steuerfahnder nachgefragt, sagen die anwesenden Beamten, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen wollen. Warum? Das scheine für viele eine Art Nervenkitzel zu sein, vermuten die Auszubildenden. Generell würden viele Praktika nachgefragt, alle sehen dieses Begegnungs-Format der WGS positiv.
In der Abschlussrunde wird noch einmal mit den Schülern und den Unternehmen diskutiert. Allgemeines Fazit: Es sei gewinnbringend, Ausbildungsmessen in der Schule abzuhalten. Zu guter Letzt startet Dr. Richter eine Umfrage als Stimmungsbild. Das Resultat: Die große Mehrheit der Jugendlichen will wider besseres Wissen mit der Schule weiter machen, 15 wollen in die Ausbildung, ein paar mehr Schüler in die duale Ausbildung. „Seid ihr schlauer als vorher?“, fragt der Schulleiter. Da fliegen die Finger hoch, die überwältigende Mehrheit hat etwas mitgenommen. „Ein konstruktiver Anfang ist gemacht“, zieht Basel Mirza Bilanz.
Von der Unternehmensseite werden die Schüler gelobt. Sie seien sehr konzentriert, höflich und motiviert gewesen. Ein letztes Begleitwort kommt von Tobias Lorenz, Ausbildungskoordinator bei Hessen Mobil: „Beruf kommt von Berufung. Hier gibt eine Riesenauswahl. Also greift zu!“, ruft er den jungen Leuten zu. Die Zukunft kann kommen. Alexander van de Loo