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Vernissage regt zu Austausch an
Wallauer Fachwerk zeigt Buntes
von Alexander van de Loo Mick Jagger, Che Guevara, Leonard Cohen und Michael Jackson – alle waren da. Zwar nur als Blickfang in zweidimensionaler Form, aber unübersehbar prominent im Rathausfoyer aufgehängt. Die Schöpferin der gemalten Musiker heißt Sonja Pauen und widmet sich in ihren farbintensiven Acrylbildern bekannten Persönlichkeiten. Als Synästhetikerin, die Klänge in Farben sieht, lasse sie sich von der Musik, die sie während des Malens hört, inspirieren.
Das Motto der Vernissage am vergangenen Mittwoch war „bunt“: Die hohe Dichte an gekonnter Kunst an den Wänden war auffallend. Die Menge an Besuchern auch. Vielfalt statt Einfalt – das war schon immer das unausgesprochene Credo der Künstlervereinigung Wallauer Fachwerk, die nun noch bis zum 9. April im Krifteler Rathaus 50 Exponate von neun Mitgliedern ausstellt.
Künstlervereinigungen haben in Deutschland eine lange Tradition. Im 19. und 20. Jahrhundert gegründet, lehnten sie sich häufig gegen die bestehende Vorherrschaft der staatlichen Akademien auf. Denn die bestimmten damals, was Kunst zu sein habe. Der 1976 gegründete Kulturkreis Wallauer Fachwerk indes stellt die Förderung der Kreativität in den Vordergrund: „Der Verein will die Kunst fördern und künstlerische Fähigkeiten entwickeln“, erklärte Vorstand Hans-Peter Krecker bei der Vernissage am vergangenen Mittwoch. Jeder könne sich hier mit seiner Kunst verwirklichen. Wie sehr das gelungen war, davon konnten sich bei der Ausstellungseröffnung über 70 Kunstinteressierte überzeugen.
Malen und Singen bringt Menschen zusammen

Die Gastgeber Bürgermeister Christian Seitz (links) und Kulturforums-Vorsitzender Dr. Frank Fichert (rechts) mit Ingrid Franke und Hans-Peter Krecker vom der Künstlervereinigung Wallauer Fachwerk.
„Unten hängt diesmal das Menschliche und im ersten Stock eher die Natur und alles andere“, klärte die Zweite Vorsitzende Ingrid Franke in ihrer Ansprache auf. Was aber alles verbinde, sei die gesellschaftliche Dimension: „Kunst spielt eine wesentliche Rolle für den Zusammenhalt, da sie oftmals gemeinsam ausgeführt wird. So wie auch das Singen“, war sich Franke sicher. Veranstaltungen, bei denen Menschen ins Gespräch kämen, seien durch nichts zu ersetzen.
Alle Jahre wieder käme die Künstlervereinigung Fachwerk aus Wallau mit einer Ausstellung ins Krifteler Rathaus, freute sich der Vorsitzende des Kulturforums, Dr. Frank Fichert. Wenn er den Blick so schweifen lasse, sehe er viele Stammgäste. Dazu kamen diesmal noch an die 40 Sängerinnen des Krifteler Frauenchors Choryfeen, die unter Leitung von Svitlana Tulchiner für musikalische Untermalung sorgten.
Ingrid Franke, mit fünf ihrer typischen leicht surrealen Landschaften vertreten, war auch diesmal als Kuratorin tätig. Sie hatte ausgewählt, wo die 50 Gemälde, Kollagen oder Fotografien in den Fluren hängen. Geschehen sei dies vor Ort, wie die Künstlerin betonte. Es sei schön, in Kriftel ausstellen zu können, lobte sie. Das traf den Ton von Bürgermeister Christian Seitz. „Auch ich freue mich über diese Ausstellung hier an diesem Ort“, rief er in das Auditorium. Für ihn als gebürtigem Wallauer sei es immer etwas Besonderes, den Namen seines Heimatortes im Rathaus zu lesen. Die Ausstellung vereine verschiedene Kunststile und Techniken. „Hier gibt es heute eine bunte Palette zu entdecken!“ Anke Heerda und Susanne Vogt hatten auch diese Ausstellung in ihrer gewohnt engagierten Art begleitet und organisiert. Auch dafür gab es Dank.
Erfolgreich versteigert
Wieder wurde ein Exponat dieser Ausstellung versteigert. Wie bei jeder Vernissage konnten sich die Zuschauer mit mehr Applaus für eine von zwei Darstellungen entscheiden. Glückliche Gewinnerin einer Strandlandschaft von Ingrid Franke war Anke Heerda. „Ein sehenswertes Exemplar“, freute sie sich. Es würde jetzt ihren Haushalt als Hingucker bereichern.

Erkennt man mich? Bürgermeister Seitz mit seinem Konterfei.
Über 200 Mitglieder hat die Hofheimer Kunstvereinigung mittlerweile, hob Franke hervor. Hans-Peter Krecker ist seit 47 Jahren Vorsitzender. „Was hat das mit Fachwerkhäusern auf sich, werden wir oft gefragt“, sagt er und klärt auf: „Gemeint sind keine alten Häuser, sondern Werke im Fach oder Fachgebiet.“ Ganz unterschiedliche Stilrichtungen seien heute beim Wallauer Fachwerk vertreten – von ganz unterschiedlichen Kunstschaffenden.
Da sei zum Beispiel Karin Krantz mit ihren sehr farbkräftigen Acrylbildern. Ganz anders die Werke von Angelika Brandt-Herberts. Ihre farbigen Holz- und Linolschnitte erinnern an große expressionistische Vorbilder. Das Thema Farbenspiel und der spielerische Umgang damit präsentierten Ulla Hübner, die ihrer Faszination für Farben freien Lauf lasse, und Ulrike Schmidt, die mit Farbe, Formen und Linien gekonnt experimentiere. Eher eine reduzierte Herangehensweise kultiviere der Fotograf Hans-Peter Krecker. In seinen Fotografien beschränkt er seine Sujets auf 16 Farben. Einen bunten Mix bevorzuge Andrea Seidels. Ob Malerei in Acryl und Aquarell, Zeichnungen oder ihre Mixed Media-Projekte – ihre Werke zeigten eine ganz eigene Handschrift.
Der besondere Ort
Dem jüngsten Besucher, Tonda, zehn Jahre alt und aus Hofheim, gefiel besonders der tanzende Michael Jackson: „Gut gemacht“, lobte er anerkennend. Er habe den Musiker sofort erkannt. Der Enkel von Geburtstagskind Engellie Stern-Krecker, die als Vorsitzende des Gesangvereins Liederkranz und Mitglied der ChoryFeen von Bürgermeister Seitz im Rahmen der Vernissage einen Blumenstrauß erhielt, war schon öfters bei Ausstellungen, wie er sagt. Im ersten Stock gab es angeregte Diskussionen. In kleinen Trauben standen die Menschen um die Werke herum. „Jedes Werk ist ein Unikat“, erklärte dort Künstlerin Angelika Brandt-Herberts den Interessierten. Nicht nur die Arbeiten, auch der Ausstellungsort sei besonders, bemerkte ein Ehepaar. Rathausflure voller Kunst? Wo gäbe es das heutzutage noch!
Die Ausstellung ist noch bis zum 9. April im Rathaus zu sehen: montags, mittwochs sowie freitags von 8 bis 12 Uhr, donnerstags von 16 bis 18 Uhr.