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WGS: Abschied, aber gut gerüstet

„Ein Hoch auf das Wir!“

Autor: Alexander van de LooSogar der Himmel weiß, wann es an der Zeit ist, mal eine Pause zu machen. Eine Pause vom Dauerregen in diesem Sommer. Denn am Freitag, den 5. Juli, ging es um den Abschluss. Nicht um den sogenannten Torabschluss wie in den letzten Fußballwochen, sondern um das Abschlusszeugnis der Weingartenschule. 157 Schülerinnen und Schüler feierten damit Ende und Beginn eines Lebensabschnitts.

Familie Devici, Mutter Emine und ihre Zwillingstöchter Neil und Mina, sind deswegen hier. Eigentlich wegen ihres Bruders, der heute sein Zeugnis bekommt. „Wir sind megastolz auf ihn“, freuen sich die Schwestern wie aus einem Mund. Nächstes Jahr seien sie dran. Die Schule sei „cool“. Nebenan steht Lena aus der R10a mit einem Blumenstrauß als Dank für ihren Klassenlehrer. Der sei gut gewesen. „Ja, auch Lehrer brauchen Achtung“, bemerkt ihr Vater Mutlu, „die darf man nicht vergessen.“

Bevor man in die zur Feierhalle umfunktionierte Sporthalle der Weingartenschule eintreten durfte, wurde diesmal an die Tickets erinnert. Eine sinnvolle Änderung, wie Anna aus der G9a erklärt. Sie sitzt mit fünf anderen Mädchen am Eingang und kontrolliert. „Dieses Jahr sollen uns Schulfremde nicht stören“, wie sie betont. Da sei in den letzten Jahren doch einiges schiefgelaufen. Deshalb Einlass nur mit Einladung.

Styling und Leistungen top

Die, die hereinströmen, haben sich herausgeputzt: Fast alle Jungs im Anzug, die Frisuren den Spielern der Europameisterschaft abgeschaut. Die Mädchen in meist bonbonfarbenen, oft glitzernden Abendkleidern, wie aus einer Hollywood Soap entsprungen. Dazu hohe Absätze.

Ganz abgesehen vom Styling konnte sich auch die Leistung der Anwesenden sehen lassen: Von den 40 Hauptschülern und –schülerinnen erhielten 29 den qualifizierten Hauptschulabschluss. Die besten in diesem Zweig waren Botan Ates (H9b, Durchschnitt: 1,5) sowie Rania El Hammouti und Niko Kozulovic (H9a, beide Durchschnitt: 1,8).  Von den insgesamt 68 Realschülerinnen und -schülern erhielten 15 die Eignung für die Fachoberschule und 37 zusätzlich die Eignung für den Besuch einer gymnasialen Oberstufe. Hier glänzten Marcello Di Martino (R10a, Durchschnitt: 1,6), Areeb Ahmad Nasir (R10b, Durchschnitt: 2,0) sowie Havin Lena Akca und Loena La Sala (R10c, beide Durchschnitt: 2,1). Von den 49 Schüler/innen aus dem Gymnasialzweig hatten sich Yannick Gotta (G10a, Durchschnitt: 1,0) und Jarne Aust (G10b, Durchschnitt: 1,5) die besten Zeugnisse erarbeitet.

Levi Fröhlich (G7a) führte wie schon im letzten Jahr gekonnt als Ansager durch den Nachmittag. Schulleiter Dr. Christoph Richter war sichtlich gut aufgelegt und mahnte zur Eile. „Das Deutschlandspiel steht an!“  Sicherheitshalber hatte er schon mal eine große Leinwand an der Bar aufgestellt und würzte seine Rede mit ein paar Anekdoten aus dem Schulalltag: Die Einschätzung mancher Schüler, die Dinosaurier seien 1944 ausgestorben, und die WGS sei 340 Meter hoch, angeblich mit mathematischer Formel ausgerechnet, hätten ihn doch sehr erheitert. Was ihn aber wundere, dass so viele Jugendliche auf Nachfrage weiter in die Schule gehen wollten. „Da habt ihr so über Schule gejammert und dann so was“, wunderte sich der Direktor kopfschüttelnd.

Neue Tugenden

Immerhin habe man gemeinsam gekämpft und alles gemeistert, wie die SV Sprecherin Havin Akca in ihrer kurzen Ansprache feststellte. Corona und etliche Doppelstunden Deutsch. Und tatsächlich, dieser Abschlussjahrgang bekam summa summarum von den meisten anwesenden Klassenlehrern gute Noten ausgestellt, „Hausaufgaben immer gemacht“, „zuverlässig“, „pünktlich“, „Termine eingehalten“, waren nur einige Aussagen, die offensichtlich symptomatisch waren. Kommt das nach der Generation Z? Die Angepassten, die Engagierten?

Auf jeden Fall fanden sich immer in diesem Jahrgang Freiwillige für allerlei Aufgaben, man sei reifer geworden, die Entwicklung gehe in Richtung Selbstständigkeit, hob Studienrätin Esther Schardt hervor. Man habe nun junge Erwachsene vor sich, die erst vor kurzem als Eingeschulte noch mit der Sonnenblume verlegen im Forum gewunken hätten.

Zwei Schülerinnen drehten in ihrer Rede gar die Verhältnisse um und stellten ihrer Klassenlehrerin Marlene Krüger mit einem Schnitt von 1,5 ein hervorragendes Zeugnis aus. Gut aufgelegt war auch die Schulband unter Leitung von Carolin Acker. Es wurden Songs wie Alone in the Dark oder Skyfall von Adele stimmgewaltig intoniert.

Mehr als Noten

Schon so etwas wie ein Stargast war Schülerin Miray Hank aus der R7c, bekannt von ihrer diesjährigen Halbfinalteilnahme bei den „Voice Kids“ von SAT1. Sie ließ ihrer guten Soulstimme freien Lauf und wurde für ihre eindrückliche Performance “Valerie“ von Amy Winehouse vom Auditorium gebührend gefeiert. Individuelle Stärken, das war auch ein Thema der Schulfeier. „Ihr seid mehr als nur Noten in einem Fach“, resümierte Klassenlehrer Markus Preis. „Lehrer sind keine Handwerker oder Bildhauer, unsere Arbeit sieht man nicht“. Man merke aber letztlich, wenn Persönlichkeiten herangereift seien: „Das tut gut!“

„Gutaussehende Persönlichkeiten“, wie Bürgermeister Christian Seitz, einst Abgänger der Weingartenschule, in seiner Ansprache nachschob: „Ihr macht richtig was her “, lobte er die Jugendlichen. Seitz betonte in seiner Rede das „Wir“ in der Gesellschaft. Er wünsche sich Respekt. Jeder soll mit sich und den anderen in seinem weiteren Leben möglichst respektvoll umgehen. „Alles liegt vor euch“, rief er den Zuhörern zu. „Bringt euch in die Gesellschaft ein, übernehmt ein Ehrenamt“, lautete sein Vorschlag für ein besseres Miteinander.

Wendy Schröder und die geehrten Schüler/innen.
Note 1 für ihre Hilfsbereitschaft: Amely Mezrigui und Lars Ulrich mit Schulleiter, Bürgermeister und Preisspenderin.

Auch die Elternbeirätinnen Melanie Hirth und Helga Franken waren voll des Lobes. Ihr Dank für Leistung, Empathie und Unterstützung ging im Namen der Elternschaft an die gesamte Schulgemeinde. Zusätzlich gab es noch einen Rat an die Schüler für den weiteren Werdegang: „Aus Steinen, die in den Weg gelegt werden, kann man auch etwas bauen!“

Miteinander mit Respekt

Carmen Jimenez, Vorsitzende des Krifteler Ausländerbeirates, und Semiha Eroglu-Buch, Sozialarbeiterin der Gemeinde, hatten den Humanismus im Gepäck. „Es ist unsere Verantwortung, einander mit Respekt und Achtung zu begegnen, unabhängig ob Christ, Muslim, Andersgläubig oder Atheist, wir alle teilen das Menschsein“, war ihre klare Ansage. Jeder solle in seinem Umfeld etwas Positives bewirken. Und das tat sie dann gleich und ehrte die besten ausländischen Schülerinnen und Schüler (siehe Foto oben): im Hauptschulzweig war das Niko Kozulovic (Notendurchschnitt 1,8), aus der Realschule Marcello di Martino (1,6) und aus der gymnasialen Stufe Yoo Jin Kim (1,3). Dann gab es Riesenapplaus im Auditorium für die erbrachten Leistungen.

Wenn Hilfsbereitschaft ein Lehrfach wäre, so hätten die beiden Schüler Amely Mezrigui und Lars Ulrich (beide R10b) ein „Sehr gut“ im Zeugnis stehen: Sie erhielten den von dem ehemaligen Schulleiter (1978 bis 2001) gestifteten Johann-Georg-Schröder-Preis für ihren Einsatz als Mentoren, Ansprechpartner, Helfer und seelische Wegweiser für ihre Mitschüler.