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Kokinetics: Krifteler Weltmarktführer
Dank Kokinetics sitzen Autofahrer weltweit gut und individuell
Von außen sind die weißgestrichenen Gebäude in der Mainstraße 6 bis 12 unscheinbar. Dass sich in den rückwärtig gelegenen Hallen modernste Robotertechnik verbirgt, wissen in Kriftel nur Wenige. Die weltweit agierende Firma Kokinetics entwickelt und produziert dort High-Tech-Präzisionsteile für die internationale Automobilindustrie und hat sich auf das Gebiet der mechanischen Sitz- und Schaltsysteme spezialisiert. Durch die Fertigung innovativer beweglicher Teile, Komponenten sowie Systeme aus Metall, Kunststoff und hybriden Werkstoffen ist das motivierte Team in dem Hauptsitz in Kriftel, in den Werken in Tschechien und China auf dem Weg, zum weltweit führenden Zulieferer von innovativen Lösungen in der Automobilindustrie und verwandten Branchen zu werden.
Der Erste Beigeordnete Franz Jirasek, in der Gemeinde Kriftel auch für die Wirtschaftsförderung zuständig, ließ sich von Geschäftsführer Stefan Emmrich jetzt durch die Hallen führen. Im Rahmen seiner „Sommertour“ besucht er jedes Jahr wichtige und erfolgreiche, in Kriftel ansässige Unternehmen.
Erstmal Kochtöpfe
Bereits 1890 wurde die Firma in Frankfurt gegründet, nach dem zweiten Weltkrieg im Jahr 1946 dann in Kriftel („Kochendörfer und Kiep“) neu aufgebaut. „Damals ist die Firma zunächst mit der Produktion von Kochtöpfen gestartet. Die hat man damals nun einmal vorrangig gebraucht“, erzählt Stefan Emmrich augenzwinkernd. Als Pionier der Feinschneidtechnologie habe sich das Unternehmen dann in Richtung Flugzeug- und Automobilindustrie entwickelt. In den 60er und 70er Jahren wuchs das Unternehmen stark und produzierte tragende Teile für Starfighter, Tornado und Airbus.
Seit den 80er und 90er Jahren konzentrierte sich die Firma bereits auf das Automobilgeschäft und spezialisierte sich dort auf die Herstellung von Getriebeteilen, Sitzmechaniken und –strukturen. 2011 wurde die Firma in „Kokinetics“ umbenannt, 2012 eine Niederlassung in den USA (Detroit) gegründet, 2013 eine weitere in Tschechien (Kamenice nad Lipou). „Im Jahr 2014 wurden wir von dem chinesischen Konzern AVIC Electromechanical Systems übernommen“, erzählt der Geschäftsführer, der selbst seit 22 Jahren im Unternehmen ist. Ein Jahr später gründete Kokinetics in Shenyang ein Fertigungswerk. Seitdem hat Kokinetics 32,5 Millionen Euro in ihre Entwicklungen, Maschinen und Anlagen investiert. Der Mutterkonzern AVIC hat 70.000 Mitarbeiter.
156 Mitarbeiter in Kriftel, 100 Patente, 60 Millionen Umsatz
Weltweit beschäftigt Kokinetics mittlerweile 320 Mitarbeiter, produziert 150 Produkte für alle führenden Automobilunternehmen der Welt, wie BMW, Daimler, Ferrari, Jaguar, Audi, Toyota, GM, Volkswagen, besitzt 100 Patente und hat einen Umsatz von 60 Millionen Euro im Jahr. Die Gesamtfläche in Kriftel beträgt 20.000 Quadratmeter - aufgeteilt in Büro- und Produktionsflächen. Es sind hier 156 Mitarbeiter zum Teil im Drei-Schicht-Betrieb beschäftigt.
500-Tonnen-Stanzpresse und 22 Spritzgießmaschinen
Franz Jirasek zeigte sich bei der Führung durch die Betriebshallen beeindruckt: Von der Entwicklung über die Fertigung von Werkzeugen bis zur Metall- und Kunststofffertigung sowie Qualitätskontrolle bleibt in Kriftel alles in einer Hand. Zurzeit werden hier auch sechs Azubis zum Werkzeugmacher ausgebildet – mit guten Chancen, übernommen zu werden.
Modernste High-Tech-Maschinen und Roboter sind im Einsatz. So zum Beispiel eine 500 Tonnen Folgeverbundpresse für Metallteile mit einer Presskraft von 500 Tonnen, die mit zwei Kränen an ihren Platz gestellt werden musste. In 22 Spritzgießmaschinen, die pro Stück ab 140.000 Euro kosten, wird tonnenweise Kunststoffgranulat mit einem Druck von 400 bis 500 bar in die Formen gespritzt, so dass ein perfektes und hochkomplexes Element zur Sitztiefenverstellung blasen- und schadenfrei entsteht. In weniger als einer Minute entsteht ein Teil. Allein 5 Millionen Sitztiefenversteller sind es pro Jahr. Zur Lagerung des Granulats gibt es drei Silos, mit Hilfe mehrerer Trafostationen wird Strom zur Produktion umgewandelt. 4,3 Gigawattstunden werden es 2021 in etwa sein.
Gute Zukunftsaussichten: „Gesessen wird immer“
Doch wie kann man gerade gegen die starke chinesische Konkurrenz bestehen? „Wir sind sehr spezialisiert und haben quasi keine Konkurrenten“, betont CEO Stefan Emmrich. „Selbst unsere Muttergesellschaft hat ein anderes Produktportfolio. So liefern wir selbst auch nach China.“ Durch die weitreichende Automatisierung der Arbeitsvorgänge werden Produktkosten gespart, so dass Kokinetics im weltweiten Handel bestehen könne. Zurzeit steige der Umsatz weiter, trotz der Corona-Pandemie, sagt er. Eine weitere Expansion in Kriftel sei geplant, Flächen für die Logistik werden benötigt. Am Standort in der Mainstraße wird das schwierig. Mit dem Ersten Beigeordneten Franz Jirasek möchte er daher auch noch einmal über Flächen zu Firmenerweiterung in Kriftel sprechen.
Die Aussichten sind weiter gut, auch wenn die Elektroautos stark im Kommen sind: „Egal welcher Antrieb – gesessen wird im Auto immer. Auch wenn man in Zukunft vielleicht nicht mehr selber lenkt“, sagt Emmrich und lacht. Zurzeit sei Kokinetics dabei, eine elektrifizierte Sitztiefenverstellung zu entwickeln - für hochpreisige Automobile wie zum Beispiel den Jaguar Landrover oder auch BMW.